Banzer: Was weiß die HNA?
Kurz vor der Landtagswahl wurden hessischen Medien Informationen über eine Strafanzeige gegen den Justiz- und Kultusminister Jürgen Banzer (CDU) zugespielt. Ihm wird darin der Besitz von Kinderpornographie zur Last gelegt. Im Gegensatz zu den Gerüchten um die Hessen-SPD wurde diesmal allerdings dem Fall medial nicht nachgegangen, sondern erst einmal die Wahl abgewartet.
Wie man am Dienstag in der Onlineausgabe der großen nordhessischen Tageszeitung nachlesen kann, scheint sich das Abwarten gelohnt zu haben: Das Verfahren gegen Banzer wird eingestellt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren allerdings nicht, wie in der Zeitung behauptet, ein, weil die Wahl manipuliert werden sollte, sondern weil die Vorwürfe nicht haltbar sein.
Die HNA-Journalistin in Wiesbaden, Petra Wettlaufer-Pohl, schien dies bereits am Montag zu Redaktionsschluss gewusst zu haben, schließlich ist in ihrem Kommentar schon von übler Kampagne, geworfenem Dreck und Verleumdung die Rede. Woher wusste sie das zu diesem Zeitpunkt schon?
1 Harold Grönke aus Kassel schrieb am 22.01.2009:
Schönes Beispiel, wie hier in diesem Blog tendenziell gearbeitet wird (was ja der HNA vorgeworfen wird und eine Gegenöffentlichkeit erfordert).
Die Gerüchte um die Hessen-SPD wurden nicht von der HNA aufgebracht, sondern aus dem Nachrichten-Umfeld des Wochenendes gespiegelt. Die Wahl stand nicht unmittelbar bevor, eine Beeinflussung ohne Chance einer Aufklärung gab es nicht.
Zu dem Banzer-Fall: Mit anonymen Anzeigen kann kurzfristig jeder jeden in ein falsches Licht rücken. Dass Medien in einem solchen Fall abwarten, bis ein Ansatz eines Verdachtes darstellbar ist, ist seriös.
Die HNA hat nicht behauptet, dass das Verfahren deswegen eingestellt wurde, weil die Wahl manipuliert werden sollte. Der entsprechende Passus lautet korrekt:
Die Frankfurter Oberstaatsanwältin Doris Müller-Scheu sagte gestern unserer Zeitung, es gebe überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegen Banzer erhobenen Vorwürfe "einen Realitätsgehalt aufweisen."
Frau Wettlaufer-Pohl hat zum Zeitpunkt des Kommentars nicht gewußt, wie die Staatsanwaltschaft den Sachverhalt bewertet. Falls doch, wäre es geschrieben worden. Die zweifelhaften Umstände der Anzeige waren aber schon am Montag bekannt und wurden auch berichtet. Also wusste das nicht nur die HNA, sondern auch jeder interessierte Leser.
2 Robert aus Baunatal schrieb am 22.01.2009:
Ich werfe niemandem vor, die infamen Vorwürfe gegen Banzer zurückgehalten zu haben, ganz im Gegenteil, das gebietet eine seriöse Berichterstattung, vollkommen korrekt. Aber sich in dem anderen Fall auf die FAZ zu berufen um einen Tag später ein Dementi abzudrucken … da hätte man auch erst einmal warten und recherchieren können.
Was in den drei Absätzen steht ist folgendes: Am Dienstag steht der besagte Kommentar abgedruckt, der auf Grund des Redaktionsschluss' am Montag entstanden sein wird. Eben dieser Kommentar kommt in meinen Augen schon einem vorweggenommenen Freispruch gleich. Allerdings wird erst einen Tag später online über die Einstellung des Verfahrens berichtet. Ergo muss sich die Kommentatorin sehr sicher gewesen sein, dass die Anschuldigungen völlig aus der Luft gegriffen sind. Wenn sie tatsächlich mehr gewusst haben sollte, hoffe ich, dass sie dies der Frankfurter Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, um bei der Aufklärung des Falls behilflich zu sein.
Abschließend ein Zitat aus dem oben verlinkten Artikel, genauer: dem Vorspann:
Der Satz ist zumindest nicht eindeutig.